Saturday, April 26, 2008

Israel kauft iranisches Öl


quod licet Jovi, non licet bovi

http://www.hossli.com/articles/2008/04/19/die-heuchelei-blossstellen/

Bilanz; 18.04.2008; Seite 21; Nummer 8

Wie bitte?

«Die Heuchelei blossstellen»

Interview: Peter Hossli

Abraham Foxman wirft der Schweiz vor, den Terrorismus zu unterstützen. Der Direktor der Anti-Defamation League über den Gas-Deal mit Iran und israelische Ölimporte aus Teheran.


Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Organisation?

__ Wir wollen die Heuchelei der Schweizer Regierung blossstellen. Es ist moralisch höchst fragwürdig, zum jetzigen Zeitpunkt mit Iran einen neuen Deal einzugehen.

«Energia News» berichtet, dass Israel indirekt über Rotterdam iranisches Erdöl importiert. Ist das wahr?

__ Es ist ein Unsinn, dass Sie darüber sprechen. Ölimporte sind für Israel überlebenswichtig. Die Schweiz aber kauft iranische Energie, auf die das Land nicht angewiesen wäre. Das Gas wird gewinnbringend an europäische Länder weiterverkauft.

Nochmals: Importiert Israel iranisches Öl?

__ Israel kauft das Öl, das es kriegt. Es kauft ägyptisches und norwegisches Erdöl, und es kauft Öl auf dem offenen Markt, das iranisch sein könnte.

Dann fördert Israel den Terrorismus?

__ Nicht bewusst. Aber alle, die Erdöl kaufen, helfen indirekt Terroristen. Es ist eine Frage des Bewusstseins und der Wahl. Israel kann nicht auf Erdöl verzichten. Die Schweiz hätte aber die Wahl gehabt, den Deal nicht abzuschliessen.


Abraham Foxman (68) ist der Direktor der Anti-Defamation League (ADF), einer amerikanischen Menschenrechtsorganisation, die sich gegen den Antisemitismus einsetzt. Mit Inseraten in der Weltpresse hat die ADF der Schweiz vorgeworfen, mit dem Gas-Deal mit Iran den Terrorismus zu sponsern.

......


http://www.jungewelt.de/2008/04-16/023.php

junge Welt, 16.04.2008 / Schwerpunkt / Seite 3

Doppelmoral

Israel kauft iranisches Öl, und seine Lobby überwacht den
Anti-Iran-Boykott. Aktuell steht die Schweiz wegen einem Erdgasdeal mit
Teheran am Pranger. Von Shraga Elam

Die Schweiz wird von den USA, vor allem aber von Israel massiv wegen
eines Erdgasvertrags mit dem Iran attackiert. Im Zentrum der Kritik
steht dabei die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey, die bei
der Vertragsunterzeichnung zwischen der Elektrizitätsgesellschaft
Laufenburg (EGL) und der iranischen Gasexport-Gesellschaft im
vergangenen Monat dabei war. Der Deal sieht die Lieferung von jährlich
5,5 Milliarden Kubikmeter Gas an die EGL ab 2011 vor. »Wir glauben
nicht, daß es die Zeit für Investitionen im Iran ist, nicht nur in den
Öl- oder Gasbereich, sondern grundsätzlich in die iranische Wirtschaft«,
monierte seinerzeit der stellvertretende Sprecher des
US-Außenministeriums, Tom Casey. Die US-Botschaft in Bern unterstellte,
das Geschäft verstoße gegen den Geist der anhaltenden Iran-Sanktionen
wegen des Atomstreits, was Calmy-Rey umgehend zurückwies.

Die israelische Regierung schließlich bestellte den Schweizer
Botschafter zur Entgegennahme einer Protestnote ein. Und die in
Washington ansässige »Anti-Defamation League« (ADL) beteiligte sich mit
einer großen Anzeigenkampagne am Schweiz-Bashing. Deren Attacken aber
gingen selbst vielen Schweizer Juden zu weit. So schrieb der
Chefredakteur des Magazins tachles, Yves Kugelmann, in der vergangenen
Woche: »Wie wenig andere praktiziert ADL-Präsident Abe Foxman in den
letzten Jahren die Deformation der Anti-Defamation: Ausgrenzungen
anprangern und im gleichen Zug diffamieren, Themen usurpieren, von deren
Komplexität er wenig Ahnung hat. (…) Leider ist dies in den letzten
Jahren eine neue Lieblingsdisziplin jüdischer Organisationen wie auch
etwa des Jüdischen Weltkongresses geworden.«

Eigentlich könnte die Kritik noch viel härter ausfallen, denn die
Attacken der ADL, des jüdischen Weltkongresses und der israelischen
Regierung gegen die Schweiz sind heuchlerisch und haben überdies das
Ziel, Bemühungen um eine Deeskalationspolitik gegenüber dem Iran zu
sabotieren. Es ist erstaunlich, daß die Enthüllung des zuverlässigen
israelischen Newsletters EnergiaNews kein großes Medienecho auslöste:
Israel, die treibende Kraft hinter den anti-iranischen Maßnahmen,
importiert demnach im größeren Stil iranisches Erdöl. Exklusiv
berichtete EnergiaNews (18.3.2008): »Trotz der wachsenden Spannung
zwischen Israel und Iran sowie des in Israel existierenden Boykotts von
Kontakten mit diesem Staat und dessen Produkten, erreicht Israel
regelmäßig in Europa gekauftes iranisches Erdöl. EnergiaNews erfuhr aus
raffinerienahen Kreisen in Haifa – den Oil Refineries Ltd. –, daß alles
ganz legal abläuft: Iranisches Öl komme regelmäßig nach Europa,
hauptsächlich nach Rotterdam und werde dort gekauft. Die
Begleitdokumente samt Versicherung würden angepaßt, und das Schiff laufe
nach Israel aus.«

Irgendwie schlüpfte diese Meldung durch die israelische Zensur, und die
kleinen Änderungen der Behörden erhöhten die Glaubwürdigkeit des von
Chefredakeur Moshe Shalev verfaßten Artikels. Trotzdem durften andere
israelische Medien die Enthüllung offensichtlich nicht übernehmen; auch
nicht, nachdem der EnergiaNews-Bericht mit zusätzlichen Informationen am
30. März im Schweizer Sonntag veröffentlicht worden war und auch nicht,
als das brisante Thema am 4. April im britischen Guardian wurde. Die
Nachricht verbreitete sich zwar lauffeuerartig im Internet, hinterließ
aber bis dato keine Spuren im Mainstream-Diskurs.
[In der Schweiz herrscht zwar keine offizielle Zensur, man ist jedoch vorsichtig mit „jüdischen Themen“. Schon in den 90er-Jahren betrieben die Schweizer Behörden und Banken eine sehr ungeschickte PR-Politik angesichts der Restitutionskampagne von jüdischen Organisationen. Während Jahren wurden gerechtfertigte Ansprüche der Erben von Naziopfern auf in der Schweiz deponierten Vermögen aus rassistischen Gründen missachtet. Den jüdischen Anspruchstellern wurde keine allzu grosse Macht beigemessen. Anfang 1996 ging man schweizerseits praktisch nahtlos zum anderen Extrem der Judeophobie über, als der jüdische Weltkongress (WJC) eine richtige Kampagne lancierte. Plötzlich kamen die Ängste vor einer vermeintlichen jüdischen Weltverschwörung ins Spiel, und der Einfluss des bis dahin nicht besonders wichtigen WJC wurde in der Schweiz masslos übertrieben wahrgenommen. Kaum hustete ein unbedeutender jüdischer Funktionär in New York, zog man sich in Zürich und Bern warm an. Jede kritische Aussage eines Schweizer Politikers oder Bankers wurde als antijüdisch angeprangert. Prominente Schweizer Juden, die argumentierten, die Kampagne-treibenden jüdischen Organisationen sprächen nicht im Namen der rechtmässigen Vermögensbesitzer, sondern würden diese für eigene Zwecke missbrauchen, wurden als Kollaborateure dargestellt. Auf diesem Hintergrund wagten 1997 weder Schweizer Banker noch Politiker oder Journalisten die konkreten Hinweise zu thematisieren, dass höchstwahrscheinlich ein grosser Teil der bei den Banken vermuteten Opfergelder eigentlich beim grossen jüdischen Hilfswerk »Joint« liegen.[i]

Zu gross war damals die Angst in der Schweiz, dass ein solcher Schuss hinten raus gehen würde. Dies scheint auch heute wieder der Fall zu sein, schaut man den ängstlichen Umgang mit den glaubwürdigen Berichten über den israelischen Import von iranischem Erdöl an und die offensichtliche Doppelmoral von ADL & Co. - NICHT IM ARTIKEL AUS PLATZGRÜNDEN]



[i] S. . die Beiträge des Autors in der Schweizer Wirtschaftszeitung »Cash« August/September 1997 http://www.arendt-erhard.de/deutsch/palestina/Stimmen_Israel_juedische/elam_shraga_joint_juedisches_hilfswerk_kritik.htm



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http://www.jungewelt.de/2008/04-16/024.php

junge Welt, 16.04.2008 / Schwerpunkt / Seite 3

Handel mit dem »Erzfeind«

Waffen und Öl: Geschäfte zwischen Israel und Iran haben eine gewisse
Tradition. Von Shraga Elam

Israel kauft seit Jahren via Europa iranisches Erdöl. Das berichtet der
erfahrene Wirtschaftsjounalist und Chefredakteur von EnergiaNews, Moshe
Shalev, unter Berufung auf Fachkreise. Hojjatollah Ghanimifard von der
nationalen iranischen Ölgesellschaft dementierte die Enthüllung, Auch
der Sprecher der israelischen Oil Refineries Ltd., Moshe Debby,
bestritt, daß seine Gesellschaft Öl aus Iran importiert oder
verarbeitet. Allein, die Äußerungen stehen im Widerspruch zu Artikeln
vom Oktober 2006 in israelischen Zeitungen. Damals gab es eine Ausnahme
in der Zensurpolitik, und so war zum Beispiel in Haaretz zu lesen, daß
die israelische Gesellschaft Paz iranisches Erdöl importieren will,
welches in Israel raffiniert, zum Teil an die palästinensischen Behörden
geliefert und auch auf dem israelischen Markt verkauft wird. Israels
Energieminister Benjamin Ben Elieser meinte damals, daß dieser Schritt
zu mehr Stabilität in der Region beitragen könnte, und aus dem
israelischen Finanzministerium war zu vernehmen, es sei nicht Sache
dieses Amtes, woher das Öl komme.

Die EnergiaNews-Meldung paßt zum alten Muster vom Handel zwischen den
zwei Ländern. Israelische Waren, wie zum Beispiel Chemikalien des
Großkonzerns Carmel Chemicals, wurden mit der Einwilligung der Regierung
mindestens bis 2001 in Europa umgeladen, erhielten neue Papiere und
traten von dort aus ihre Reise in den Iran an. Dabei halfen eine
Strohgesellschaft in der Schweiz und ein deutscher Mittelsmann. 1996
beschloß Carmel Chemicals, daß der Deutsche nicht mehr nötig ist, und
betrieb danach den Handel direkt.

Es gab überdies – mindestens bis in die 90er Jahre – israelische
Waffenlieferungen an den »Erzfeind«. Im Dezember 1995 berichtete der
Rüstungshändler Nahum Manbar in Haaretz, daß er verschiedene
Waffensysteme inklusive Panzer vom Typ T-72 an den Iran verkauft hat.
Heute sitzt Manbar zwar im Gefängnis, weil er Substanzen und Know-how
zur Produktion chemischer Waffen an den Iran verkauft hatte. Allerdings
gibt es genügend Hinweise, daß er dies im Auftrag des Geheimdienstes
tat. Laut der renommierten britischen Zeitschrift Intelligence Review
exportierte Israel 1997 Waren im Wert von 185 Millionen US-Dollar über
Drittländer in den Iran. 1998 sollte sich die Summe gar verdoppelt
haben. Gleichzeitig forderte die einflußreichste pro-israelische
US-Lobbyorganisation AIPAC (American Israel Public Affairs Committee) am
lautesten harte Sanktionen gegen Iran.

Das schwarze Gold aus Iran wird von der israelischen Eilat-Ashkelon
Pipeline Co. (EAPC) importiert. Die Firma gehört eigentlich zur Hälfte
dem Iran, denn sie wurde 1968 vom Schah zusammen mit Israel gegründet.
Um Iran nicht in Verlegenheit zu bringen, wurde das Geschäft über eine
gemeinsame Gesellschaft in Genf, die Trans Asiatic Oil, abgewickelt.
Seit dem Schah-Sturz 1979 läuft in der Schweiz ein Verfahren gegen die
EAPC. Grund: Israel weigert sich, die iranischen Ansprüche in
Milliardenhöhe anzuerkennen. Hinzu kommen auch Schulden wegen
Vorauszahlungen für Waffenlieferungen und der Errichtung einer Waffenfabrik.

Mitte der 90er Jahre war der damalige israelische Außenminister und
spätere Ministerpräsident Ariel Scharon der Meinung, daß ein Ende dieser
Affäre wesentlich zu den Friedensverhandlungen zwischen den verfeindeten
Ländern beitragen könnte. Scharon wurde jedoch von den USA und vom
israelischen Finanzministerium ausgebremst. Letzteres wollte die
Milliardensumme nicht zurückzahlen. Der Militärexperte der Haaretz, Amir
Oren, schrieb 1998: »Im Konflikt mit den Iranern über die israelischen
Schulden (…) gehört Scharon zu den Befürwortern eines großzügigen
Kompromisses. Letztes Jahr versuchte er vergeblich, im Rahmen seiner
umstrittenen Rußland-Reise einen solchen Ausgleich voranzutreiben.
Scharon ist nicht der einzige prominente Politiker, der der Meinung ist,
daß Iran nicht zwangsläufig ein Feind für Israel sei und daß ein Dialog
möglich wäre. (…) Die grundsätzliche Debatte ist, wie de facto gegenüber
Iran zu agieren wäre, welcher für Israel gefährliche Raketen und Atom
entwickelt, auch wenn das iranische Ziel, unabhängig vom Regime, die
Stärkung ihrer nationalen Macht war und sein wird. Eine Mäßigung der
israelischen Position gegenüber Iran ist für Rußland wünschbar und für
europäische Staaten (hauptsächlich für Deutschland) attraktiv. Die
Kritiker der kollabierenden US-Sanktionspolitik würden dadurch ermuntert.«

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http://www.jungewelt.de/2008/04-16/025.php

16.04.2008 / Schwerpunkt / Seite 3

Hintergrund

Gleichgewicht des Schreckens

Die von den USA, der EU und Israel favorisierten Sanktionen gegen den
Ölstaat Iran werden begründet mit der Behauptung, die Führung Teherans
strebe nach dem Bau von Atombomben. Dies wird als Gefahr für Israel
gewertet. Wenig bekannt ist die Tatsache, daß Iran Israel auch ohne
Atombombe sehr empfindlich treffen könnte. Weil die israelische
Regierung eine verbrecherische Umwelt- und Energiepolitik betreibt, ist
es relativ einfach, das Land lahmzulegen und sehr viele Menschen in
Gefahr zu bringen. Anstatt dezentral mehrere Solarkraftwerke zu
installieren, wurden nur einige herkömmliche Kraftwerke gebaut. Es
bräuchte nur wenige konventionelle Raketen, um diese zu treffen. Hinzu
kommt, daß sich viele Industrieanlagen mit hochgiftigen Substanzen in
unmittelbarer Nähe dichtbesiedelter Gebiete befinden. So ergaben eine
wissenschaftliche Studie und zahlreiche offizielle Berichte, daß z. B.
ein Treffer in den riesigen Ammoniak-Lagertank in der Nähe von Haifa,
welcher 14400 Tonnen Giftstoff beinhalten kann, den Tod von bis zu
200000 Menschen verursachen könnte.

Wie Israel darauf reagieren würde, kann man sich gut vorstellen: Gerade
letzte Woche wurden in Israel solche Szenarien geübt, und der
Energieminister Benjamin Ben Elieser drohte mit einem zerstörerischen
Gegenschlag im Fall einer derartigen iranischen Attacke. Es existiert
also bereits ein »Gleichgewicht des Schreckens« zwischen den beiden
Ländern – zumal Israel seit langem über Atomwaffen verfügt. Entgegen den
scharfen verbalen Äußerungen verfolgt das iranische Regime eine viel
vernünftigere Politik als seine Gegner behaupten. Den israelischen
Entscheidungsträgern wiederum sind die Gefahren eines militärischen
Angriffes gegen Iran bekannt. Nichtsdestotrotz ist der Aufbau von
Sicherheitsmechanismen, die eine katastrophale Eskalation verhindern
sollen, dringend gefragt. Die israelische Führung bewies 2006 im Krieg
gegen die libanesische Hizbollah, daß sie dazu fähig ist, mit dem Leben
auch der eigenen Bürger russisches Roulette zu spielen. Denn auch die
Hizbollah war und ist im Stande, die empfindlichen Industrieanlagen von
Haifa zu treffen.

Die Schweiz als neutrales Land könnte einiges für die erwähnten
Schutzmaßnahmen sowie mediatorisch zur Lösung des Schlichtungsverfahrens
in Genf beitragen. Vor diesem Hintergrund wirken die heuchlerischen
Attacken gegen die Schweiz noch zynischer.

(she)

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